Eine weitere Grenze der Kontroversität ergibt sich durch die begrenzte Unterrichtszeit und die Notwendigkeit zur didaktischen Reduktion. Bei kontroversen Themen ist es selten möglich, alle Positionen gleichwertig nebeneinander darzustellen. Als Minimalstandard für die Politische Bildung kann gelten, mindestens zwei gegenläufige Positionen zu thematisieren, die in der Gesellschaft breit vertreten sind. Dafür eignen sich etwa die gegenteiligen Positionen zweier grosser Parteien. Ein Gewinn für die Lernenden stellt sich aber vor allem dann ein, wenn sie realisieren, dass bei den meisten Kontroversen nicht nur zwei Positionen existieren, sondern eine ganze Palette an Schattierungen und unterschiedlichen Interessen. Als Leitlinie kann gelten: So viel Komplexität wie möglich, so viel Reduktion wie nötig. Dies gilt auch für die Organisation von konkreten Veranstaltungen: Beispielsweise wird es nicht möglich sein, alle Positionen oder alle Parteien für eine Podiumsdiskussion zu einem Sachthema einzuladen. Hier muss die Lehrperson entscheiden: Welche Positionen prägen den Diskurs? Welche Akteur*innen stehen dahinter? Entlang welcher Kriterien (Parteienvertretungen, Wissenschaftsdebatte, Diskussion von Betroffenen) will ich die Kontroversität bei einem Sachthema darstellen?